Gruselstorys, 1.Teil


Ich bin beim Kickstarten abgerutscht und habe mich übel am Knöchel verletzt. Eine Woche lang konnte ich kaum gehen, nur erbärmlich humpeln. Zum Glück muss ich ja auch nicht zu Fuss gehen - ich habe ja ein Moto!! Noch grösseres Glück war, dass ich eines Samstagsmorgens um vier total besoffen einen fahrenden Mechaniker getroffen habe, mit dem ich einen Joint geraucht habe, worauf er nir meine Motilda mit Bindfaden und Büroklammern geflickt hat. Dann hat er mir ein paar Tricks beigebracht, und seither springt meine Liebste immer sehr viel schneller an. Der Knöchel tut auch fast nicht mehr weh....

Motomeitli
Motomeitli

Dafür spiegelt sich auf meinem Körper die unglaubliche Biodiversität der hiesigen "Bichos" (Insekten) in Form einer ebenso unglaublichen Varietät von Stichen wieder. Die Mücken sind nervig, aber die Stiche nicht schlimm. Aber diese verfluchten Flöhe überall! Auf allen öffentlichen Plätzen, also überall wo's Hunde hat, also eigentlich ÜBERALL, fallen sie über mich her. Und nun habe ich gestern auf Damaris Kopf Nissen gefunden!! Hässliche, grosse, schwarze Nissen in ihren süssen blonden Locken! Für die Einheimischen hier sind Läuse völlig normal. Jeder hat sie. Karin erzählt mir ganz stolz, dass sie das letzte Mal nur (!!) drei Läuse auf ihrem Kopf gefunden hat. Ich denke, dass die den Bezug zur Realität verloren hat. Aber ich glaube, dasselbe denkt sie auch über mich. In der Schweiz bin ich schon öfters als schlechte Mutter dargestellt worden, weil mein Kind Läuse hatte. Ja wirklich!! Sogar ihr eigener Vater hat mir unterstellt, dass das eine unverzeihliche Vernachlässigung sei. (Obwohl wir zu der Zeit auch mit den Yuri's zusammengelebt haben, und die hatten einfach schon immer Läuse. Naja.) Kein Wunder also, dass ich etwas empfindlich bin. Aber hier haben echt alle Kinder Läuse. Mein Kind davor zu schützen würde heissen, es niemals mit anderen Kindern spielen zu lassen. Allerdings haben wir schon auf der letzten Reise hier Läuse aufgelesen und danach Götti Fabio damit angesteckt. Das hat er uns sehr übel genommen. Diesmal heisst unsere nächste Station wieder Götti Fabio - wir müssen die Viecher unbedingt loswerden bevor wir bei ihm ankommen. Sonst hat er uns nicht mehr lieb. Bis dahin allerdings ist es quasi sinnlos etwas dagegen tun zu wollen......

Luusmeitli
Luusmeitli

Tranquillo la vida en Samaipata....... ein bisschen langweilig wird mir schon hier. Ich hätte sogerne Freunde... aber ich habe nur die Yuri's, Elodie und Carmensita. Im Dorf treffe ich zwar schon auch immer wieder Reisende, aber es sind meistens Typen. Wisst ihr wie das mit den Latinos so ist? Jedes Klischee das ihr kennt, stimmt. Sie lieben mich. Warscheinlich lieben sie jede Frau, aber Europäerinnen am allermeisten. Sie erklären mir tränenreich die Liebe, versprechen das Blaue vom Himmel herunter und 2 Minuten später tun sie das bei der Nächstbesten genauso. Egal, war sowieso alles nicht wahr, obwohl sie sehr überzeugend wirken immer. Ich suche aber einen FREUND; Compagnero, keinen Stecher. Soifzg. Am Besten wäre warscheinlich eine FREUNDIN. Wo seid ihr, tolle Frauen auf diesem Kontinent??? Zeigt euch, ich langweile mich so..... Ich möchte so gerne meine besten Freunde finden, von denen ich weiss dass sie irgedwo da draussen sind, aber ich habe sie noch nicht getroffen....

Und dann ist der Regen zurückgekommen, pünktlich zu Halloween. Seit einer Woche schiffets und ist kalt. Der Weg wird immer wie unpassierbarer, man kann nie sicher sein ob man mit dem Moto noch ins Dorf oder nach Hause kommt.... Der Solarstrom im Haus fällt aus. Niemand kommt uns mehr besuchen, ausser die Pferdefamilie. Täglich heischen sie Leckereien und Schmuseeinheiten. Ich bin ja froh, weil ich ja sonst keinen Besuch und schon gar keine Schmusereien bekomme, allerdings veranstalten sie auch einen Landschaden in unserem durchgeweichten Garten.

Die Schule fällt auch aus, ich unterrichte Damaris täglich zuhause. Ich bestehe auf Spanisch, Mathe und Deutsch, sie möchte dann noch Lieder singen, kochen lernen und Bio gibt sich hier ja von selbst. Immer wieder tauchen neue interessante Viecher auf.... in meinem BH, z.B, oderTermiten schwärmen nachts aus einem Erdhügel wenn wir vorbeigehen. Singen möchte sie "Alles muss klein beginnen" von Gerhard Schöne, und an dieser Stelle wundere ich mich, dass meinem Kind der gleiche Song im Kopf umgeht wie mir in meinem Blogeintrag vom 12. Okt., und das obwohl die meinen Blog nicht liest und ich das Lied auch nicht laut gesungen habe.... noch dazu kennt sie den ganzen Text eines Liedes aus DDR- Zeiten...  Scheints hört meine Mutter immer noch dieselben Platten wie früher als ich klein war. Und dann singen wir natürlich noch alle Strophen von "Luegit vo Bärge und Tal".

Das Homeschooling funktioniert erstaunlich gut, und ich und Damaris schweissen uns allmählich zu einem guten Team zusammen. Intensiv, aber ohne sie wäre ich schon oft mit dem Moto auf der Strecke geblieben.... meine kleine Co-Pilotin.

Der Regen wird immer übler, meine Stimmung auch. Zum Glück haben wir irgendwoher Gummistiefel gekriegt. Ohne die geht nix mehr. Meine sind Grösse 46, aber dafür gehen sie mir bis ans Knie. Mit denen rudere ich meine Motilda durch den tiefen Schlamm und Matsch. Damaris' ihre sind zwei Nummern zu klein, aber wir sind sehr froh dass wir sie haben. Watschel watschel wie die Enten durch den Dreck....  

Ich habe glaubs Hüttenkoller. Täglich bringe ich Carmen Luz und ihren Tieren Fresspakete, weil die Viejita nicht mehr ins Dorf kann, weil der Weg so schlecht ist..... Ich kann noch, aber eben...... gestern Nacht ist mir meine gute Motilda im Schlamm steckengeblieben. Ich auch fast. Mit letzter Kraft und nur mit Hilfe von Damaris, im strömenden Regen, habe ich sie aus dem Schlammloch gehievt und in einem Graben parkiert. Um ein Haar hätte ich sie mitten im Weg und im Dreck liegen lassen müssen..... Und dann musste ich auch noch HEIMLAUFEN, wie demütigend für mich. Heute ist sie dafür sofort angesprungen, was bei der Feuchtigkeit auch immer seltener vorkommt.... Dafür bin ich langsam ein Motocross-Profi! Immer schön in der tiefsten Matschfurche bleiben ist am Besten.... Töffahren des Grauens.

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